Drei Wochen lang wird Franziska getestet, ihr Einsatzbereich ist überschaubar: die Böden im Eingangsbereich wischen, rund 400 der insgesamt 38 700 Quadratmeter, die von Rettler mit 80 Mitarbeitern im Klinikum gereinigt werden. Bis zu zehn Stunden kann der Roboter autonom fahren, bevor er an die Steckdose muss. Der Geräuschpegel ist kaum hörbar, zudem kann Wasser gespart werden: Der Roboter kommt mit 500 bis 900 Milliliter pro Stunde aus – im Gegensatz zu etwa 50 Litern bei herkömmlichen Reinigungsautomaten. Klingt prima, aber wie verlässlich funktioniert der LeoMop? Sagen wir mal so: Er ist jedenfalls eine Show.
Rettler hat den Roboter von der Kenter GmbH zur Verfügung gestellt bekommen, dem größten deutschen Handelshaus für Reinigungstechnik mit Stammsitz in Leipheim. In Singapur ist Geschäftsführer Rainer Kenter auf den LeoMop gestoßen, und wer Franziska eine Weile bei der Arbeit zuhört und zusieht, kommt zu dem Schluss, dass den Programmierern bei der Arbeit der Schalk in der Tastatur saß. Per Smartphone lässt sich nicht nur der zu reinigende Sektor festlegen, sondern noch allerhand Schnickschnack anstellen.
Ein Tapser aufs Handy und der Mop quiekt los: „Moin, ich bin Franziska. Schön dich kennenzulernen! Ich mach‘ hier jetzt sauber.“ Zu Franziskas Verteidigung muss man sagen, dass es ihr erster Tag auf Deutsch ist – zuvor hieß sie noch Ella und sprach englisch. Für die Krankenhausangestellten, denen der knuffige Wisch-Gnom verlässlich ein Lächeln auf die angestrengten Gesichter malt, war sie schnell die Franzi. Eine Krankenschwester eilt vorbei, hält inne und meint: „Ja Franzi, was machst’n wieder? Bist hängenblieben? Mei, schau halt, wo du hinfährst!“ In der Tat kommt Franzi nicht an allem und jedem vorbei. Steht ihr ein Mensch im Weg, bittet sie ihn höflich, zur Seite zu gehen. Bleibt der Mensch stur, kann sie auch energisch werden: „Du musst dich zur Seite bewegen! Ich muss doch hier sauber machen.“ Bleibt der Mensch immer noch stur, schüttelt sie den Kopf und lässt im Display Tränen kullern. Wer würde da nicht gehorchen?
Steht jedoch irgendein mäßig empathiebegabter Gegenstand im Putz-Weg, wird es schwierig. „Platz da! Ich muss da mal vorbei!“, pampt sie ihn so laut an, dass eine ältere Dame in schallendes Gelächter ausbricht. Aus solch festgefahrenen Situationen kann sich Franziska nicht selbst befreien, da muss der Mit-Arbeiter auf Re-Set drücken, um den 200-Kilo-Mop wieder in die Spur zu bekommen. Und noch einen Makel hat Franziska: Sie kommt nicht in die Ecken. Ausgleichen kann sie das jedoch mit ihrem Unterhaltungsprogramm: Sie kann nicht nur Small Talk („Am liebsten esse ich Königsberger Klopse“), sondern auch singen („Im Frühtau zu Berge“, „Bruder Jakob“, „Wer will fleißige Handwerker sehen?“), rappen („Ich bring deine Welt zum Leuchten, bei mir bist du safe“) und sogar Witze erzählen: „Womit essen Roboter Guacamole? Mit Mikrochips!“
40 000 Euro kostet Franziska, die man in der Robotik als Cobot bezeichnet, als kollaborativen Roboter. Ob sie dem Klinikum die Investition wert ist, wird sich nach der Testphase zeigen. Sollte Franzi den Zuschlag bekommen, könnten ihr die lustigen Programmierer aus Singapur aber noch eine weniger quakige Stimme spendieren – und Bairisch noch dazu. „Auf d“Seitn!“ klingt doch viel charmanter als „Platz da!“